Wir über uns

Die deutschen Einwohner von Wetschesch (Vecsés) bei Budapest haben einst eine reiche Welt von Traditionen und Gegenstandkultur geschaffen, all das kann der Besucher im Heimatmuseum in der Jókai Straße 6 im „Dorf“ kennen lernen.
Vecsési tájház - udvar
Vecsési tájház - bejárat
Das Heimatmuseum, das am 15. Mai 2011 am 65. Jahrestag der Vertreibung der Deutschen eröffnet wurde, stellt den Besuchern das Leben um 1930 vor. Die Gründung des Heimatmuseums wurde von Michael Frühwirth lange Jahre initiiert, er hat im Rahmen des Kulturvereins Wetsches die örtlichen Jugendlichen zusammengehalten. Die Unternehmer von Wetschesch haben diese Idee mit ihren Produkten unterstützt: den Preis des Sauerkrauts, das auf dem Wetschescher Krautfest verkauft wurde, haben sie der Stiftung für das Heimatmuseum in Wetsches gespendet, damit das Gebäude, das 2002 in Besitz der städtischen Selbstverwaltung gekommen ist, als Ausstellungsort neugeboren wird. Die Selbstverwaltung hat 2010 das Haus für 10 Jahre zur Nutzung an die Stiftung gegeben. Danach wurde das Gebäude unter der Leitung von Miklós Buzás fachgerecht renoviert und Erika Vass hat mit der Hilfe von Mihály Frühwirth die nötigen Gegenstände zur Ausstellung gesammelt und das Haus eingerichtet. Die örtlichen Einwohner haben ihre Arbeit stark unterstützt, die Sammlung mit über 800 Stücken stammt aus den Spenden von 59 Familien.

DIE DEUTSCHEN IN WETSCHESCH

Im 18. Jahrhundert gehörte das Gebiet von Wetschesch zur Gespanschaft von Ecser, einem Teil des Gutes von Gödöllő, dort stand an der Landstraße Pest-Szolnok nur eine Tscharda neben den (Quartieren der Schäfer und Rinderhirten, die das Vieh gehütet haben. Auf das Gebiet, die während der türkischen Herrschaft entvölkert worden war, kamen die ersten Ansiedler 1786 an: Auf den Aufruf von Anton Grassalkovich II. ließen sich 50 Leibeigenenfamilien nieder. Die Grundstücke wurden um die Tscharda Cifra vermessen. lm Sinne des Ansiedlungsvertrages bekamen die Familien neben Acker, Wiese und Hanffeld auch Krautfelder. Die ersten Ansiedler kamen aus nahe liegenden donauschwäbischen, zum kleineren Teil aus ungarischen und slowakischen übervölkerten Dörfern (vor allem Schorokschar, Harast, Kowatsch, Taks). ln einer Registrierung über die Familien von Wetschesch aus dem Jahre 1795 kamen nur noch 12 von den Gründerfamilien vor, aber das Verhältnis der deutschen Familiennamen wurde größer und hier kam Wetschesch schon als deutsches Dorf vor. Die Siedlung bekam 1797 einen eigenen Pfarrer und parallel dazu wurde auch die deutschsprachige katholische Schule organisiert. Wegen der Eisenbahnlinie nach Cegléd, die 1847 gebaut wurde, und infolge der Nähe der Fabriken in der Hauptstadt nahm die Zahl der Einwohner ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bedeutend zu: im Jahr 1857 lebten 1.992, 1910 dann 7.403 und 1941 schon 18.494 Personen im Dorf. ln der Hoffnung auf eine Stelle in Budapest kamen immer mehr Menschen vom Laude, aber auch viele von den Deutschen wurden in einer Fabrik oder bei einem Handwerker angestellt: 1941 pendelten 3.953 Personen zur Arbeitsstelle in Budapest. Die neuen Ansiedler waren hauptsächlich Ungarn, infolgedessen ging die Proportion der Deutschen zurück, aber das meistens von Deutschen bewohnte ,,Dorf” bewahrte seine alte Atmosphäre und die Nachkommen der deutschen Urbevölkerung bildeten bis zur Vertreibung im Jahr 1946 eine zusammenhaltende Gemeinde. Bei der Volkszählung 1941 bekannten sich 506 Personen von den 18.494 Bewohnern als deutschstämmig und 3.363 als deutschsprachig. Im Januar 1945 begann das kollektive Verantwortlichmachen der Deutschen: Aus Wetschesch wurden ca. 327 Bürger in die Sowjetunion zur Zwangsarbeit, d. h. zur Wiedergutmachung verschleppt, von denen etwa 20 Prozent verhungert oder erfroren sind. In der Ausstellung sind ein Rock und eine Bluse zu sehen, die von der ehemaligen Inhaberin aufbewahrt wurden, weil sie darin von der Leib und Seele belastenden ,,malenki robot” nach Hause kam. 1946 werden ca. 1.500 Personen aus ihrem Heimatdorf vertrieben und nach Deutschland umgesiedelt. An ihre Stelle kamen Agrarproletarier aus der Tiefebene und aus der Tschechoslowakei vertriebene Ungarn. In der Ausstellung ist eine Truhe zu finden, eine Familie hat die wichtigsten Gegenstände vor der Vertreibung darin verpackt, aber sie hatten Glück und durften zu Hause bleiben. In den Jahren nach der l Vertreibung madjarisierten die meisten ihren Namen aus Angst vor neuen Bloßstellungen, das Schwäbische war verboten, deshalb sprechen es heute nur noch die Älteren. Erst in den Jahren nach 1990 wurde es möglich, die deutschen Traditionen wieder zu beleben. Als Erbe der einstigen Deutschen leben die Blaskapelle, die Herstellung von Sauerkraut und der Umzug zu Fronleichnam, wo die Gläubigen Vier Altäre am Weg der Prozession aufstellen und der Gehweg mit bunten Mustern aus Blumen verzieren, weiter.

BEWIRTSCHAFTUNG IN DER ERSTEN HÄLFTE DES 20. jAHRHUNDERTS

Das Aufnahmevermögen der Märkte in der Hauptstadttrug zum Wohlstand der Landwirte von Wetschesch, die sich auf die aufwendige Gemüseproduktion, unter anderem auf Krautanbau spezialisiert haben, bedeutend bei. In den Jahren um 1920 sind früh morgens ca. 400 Gespanne mit frischen Waren, Milch usw. voll gepackt zu den Märkten in Budapest aufgebrochen. Das Sauerkraut wurde das berühmteste Produkt der Landwirte von Wetschesch und bietet vielen noch heutzutage sicheren Lebensunterhalt. In der Ausstellung befinden sich einige Werkzeuge der Krautproduktion: Stupfn ist ein rechteckiges Holzbrett, die quadratisch angebrachten Zähne ermöglichten die gleichmäßige Aussaat des Saatgutes, damit das selbstständige Wurzelwerk gesichert wird. Dieses Werkzeug wurde auf das frisch geharkte Feld gedrückt, damit das Feld dicht wird. Man achtete sogar auf die Kegelform der Zähne, damit beim Entfernen keine Erde mitgezogen wird. Die Frauen hatten die Setzlinge zu erziehen und Viele andere Gartenarbeit zu erledigen, das trug dazu bei, dass sie ihre Kleidung eher im Geschäft kauften, statt – wie anderswo – selbst Handarbeit zu machen. In der Ausstellung sieht man ein Pflanzholz zum Krautverpflanzen, sowie einen Strunkbohrer, der die Entfernung des Strunkes vor dem Aufschneiden erleichterte: man konnte sitzend arbeiten, das walzenförmige Schneidewerkzeug wurde mit der Hand getrieben. Wir konnten einen einfachen Kraut hobel (Krathauwi) und einen mit der Hand betriebenen (Kratmaschin) für die Ausstellung besorgen, der letztere hat die Arbeit beschleunigt und sicherte, dass dünne, lange Streifen geschnitten werden. Die Holzpantoffeln (Klumpa) wurden zum Stampfen und Verdichten des gehobelten Krauts verwendet. Da die Pantoffeln vorne und hinten abgerundet sind, haben sie die Krautstreifen nicht zerrissen.

Das Gebäude

Der wohlhabende Johann Berger (1876-1961) und seine Frau, Theresia Rézner (1880-1963) haben das Gebäude um 1930 erbauen lassen. Die Familie Berger wurde 1946 nach Deutschland vertrieben, die späterem Inhaber haben das imposante Haus zum Glück im Originalzustand behalten. Nur die funktionslosen Wirtschaftsgebáude wurden inzwischen abgerissen, an ihre Stelle hat man 2011 eine Scheune gebaut, sie wird bei den Veranstaltungen als Gemeinschaftsraum benutzt. Die Ausstellung erinnert an die sich verbürgerlichende Bauernwelt. Die wohlhabende Landwirtfamilie hat den Wohntrakt – dem Geschmack der Zeit entsprechend – aus Ziegelsteinen an die Stelle eines früheren Gebäudes gebaut, nur der hintere landwirtschaftliche Teil wurde gelassen, das bezeugt auch die Stampfwand der Kammer. Aus dem früheren Haus ist auch der Keller mit Ziegelgewölbe erhalten geblieben. An der Fassade zur Straße sind die Rahmen um die Fenster und die Pilaster aus Klinkersteinen ausgelegt. Der Ziegelstein ist nach seinem Stempel der Profilstein Nr. 77 aus der Keramiksteinfabrik in Kőbánya und wurde zwischen 1933 und 1941 hergestellt. Das Haus mit einer breiten Veranda (,,Gang”) hat eine Verschalung aus Kunstschiefer, die Schneeschutzgitter sind von prächtiger Ausführung. Als Rarität gelten die Rollladen, bei denen sogar das Markenzeichen zu lesen ist: ,,Pick Ede utódai Budapest VI. Lehel utca 5″ (,,Nachkommen von Ede Pick Budapest VI. Lehel utca 5″). Die große Innenhöhe der geräumigen Zimmer zeigt den finanziellen Rang der Familie, die geätzten Blumenmuster der Glasscheiben an den zweiflügeligen Türen widerspiegeln die Wirkung des Jugendstils. Die ersten drei Räume haben Holzdielen, die Küche ist mit Marmormosaik im Blumenmuster ausgelegt. Bei der Renovierung haben wir uns bemüht, nicht nur das Haus an sich, sondern auch die Details zu erhalten. Die farbige Malerei an der Decke konnte im ersten Zimmer ganz, im zweiten Raum zum Teil gerettet werden. (Wahrscheinlich wurde sie am Ende der 1940er Jahre vom neuen Inhaber angefertigt, der früher Maler war. Die Dekoration zeigte in ihrer Formenwelt und in den Farben den Geschmack zwischen den zwei Weltkriegen, woran sich mehrere Wetschescher erinnern) Wegen einer früheren Durchnässung konnten die Muster der Wände im ersten Raum leider nicht gerettet werden, aber unter den Vielen Musterrollen des Örtlichen Malers konnten wir ähnliche Motive finden.

Das anspruchsvoll gebaute Gebäude hat eine traditionelle Gliederung: von der Straße finden wir zuerst die reine Stube, dann die reine Küche, danach folgen das Wohnzimmer, die Küche, die Kammer, schließlich der Wirtschaftliche Teil mit dem Keller. Wie auch die Einrichtung des Heimatmuseums zeigt, übte die Nähe von Budapest eine große Wirkung auf die Gebrauchsgegenstände der Wetschescher aus, die technischen Neuheiten und Fabrikprodukte sind schnell angekommen. Ebenfalls als Wirkung der Hauptstadt kann betrachtet werden, dass die Bräute von den 1920er Jahre weiße Kleidung statt der früheren dunklen gewählt haben. Der Besucher betritt erst die reine Küche. Der Name deutet zwar darauf hin, dass einst – bei dem dreifach gegliederten Haustyp – hier die Küche war, aber in den 1930 Jahren hat sie als Vorzimmer gedient, eventuell hat hier ein Familienmitglied geschlafen und die Küche, wo gearbeitet wurde, ist nach hinten gekommen. Die geschonte ,reine Stube und Küche , symbolisierten den Rang der Familie. In diesem Raum stehen eine Kredenz, ein Bett, ein Tisch und ein Schrank, im letzteren werden die Kopf- und Schultertücher (,,Kopf und Kautzntücher”) in dezenten, meistens schwarzen oder braunen Farben aufbewahrt, welche die Frauen statt Wintermantel getragen haben. Das heilige Bild an der Wand trägt die Spur des Einzugs der Russen im Dezember 1944: Die Soldaten haben das Bild angeschossen, das Loch der Kugel ist heute noch zu sehen.

Aus der reinen Küche öffnet sich die reine Stube (,,Feredistubn”) in Richtung der Straße, die nur bei festlichen Anlässen benutzt wurde. Hier sind die Betten nach städtischem Muster in der Mitte des Zimmers zusammengerückt und je ein Nachttisch gehört noch dazu. Ein Toilettentisch mit Spiegel ist auch Teil der Einrichtung. Die Blumen der grünen Betttücher beschwören den Jugendstil herauf. Am Tisch vor den Betten stehen Thonet-Stühle, auf den Tisch wurde ein traditioneller Strauß aus Weizen und Hafer gestellt. Es ist typisch für das Dorf, dass ein nach einem farbigen Druck gemaltes Heiligenbild über den Betten hängt, es stellt den Tauben fütternden kleinen Jesus und die Heilige Maria dar. lm hinteren Zimmer (,,Hindristubn”) stehen die Betten dem früheren Brauch entsprechend parallel zur Wand nebeneinander, der Tisch mit Stühlen kam in die Mitte der Stube. Die Bewohner haben in diesem Raum geschlafen, aber tagsüber, wenn sie zu Haus waren, haben sie sich eher in der Küche aufgehalten. 1926 wurde die Elektrizität in Wetschesch eingeführt, eine Jugendstillampe, die einst mit Petroleum betrieben wurde, aber schon umgebaut ist, sorgt für die Beleuchtung. Auf der Kommode zwischen den zwei Fenstern sind Jahrmarktgeschenke: Tassen, Herz Jesu und Maria sowie eine Skulptur der Heiligen Familie zu sehen. In der Küche wurde auf dem gekachelten Ofen (,,Sporhed”) gekocht. Die Chaiselongue (,,Liege”) in der Ecke wurde für den Mittagsschlaf gebraucht, aber ín größeren Familien kam es vor, dass díe Großeltern hier schliefen. Zwei Räume öffnen sich aus der Küche: die Speisekammer, wo die Küchengeräte (z.B. Gugelhupfform, Sieb, Topf, Fettnapf, Tomatenpresse) gelagert wurden. Da es in den Jahren um 1930 noch keine Wasserleitung in der Küche gab, konnte man sich in einer Waschschüssel auf einem Hocker die Hände waschen. Das Wasser zum Kochen, Trinken, Abwaschen wurde in Eimern und Kannen auf der Wasserbank (,Wosapank”) gelagert. Darüber sieht man den einzigen deutschsprachigen Wandbehang mit der Stickerei: „Arbeit spaart, Wer Ordnung wahrt”.

Die nächste Kammer nach der Küche diente zur Lagerung von Lebensmittel, hier befindet sich die Trappe zum Dachboden, und im nächsten Raum haben wir die Gegenstände (z. B. heilige Bilder, Fotos, Waschmaschine) untergebracht, die in den anderen Räumen einen Platz hatten. Unser Ziel war nämlich, das Heimatmuseum dem Originalzustand entsprechend einzurichten, deshalb haben wir aus ähnlichen Gegenständen nur so Viel ausgestellt, was die Familie einst haben konnte.

Das Gebäude, das das Leben um 1930 vorstellt, widerspiegelt – dank der Opferbereitschaft der Örtlichen Einwohner – die Lebensweise der früheren Donauschwaben von Wetschesch. Hoffen wir darauf, dass die Besucher sich nach ihrem Besuch nicht nur an die schmucken Gegenstände, sondern auch an den Fleiß und an das mühselige Leben der Donauschwaben von Wetschesch erinnern werden.

Forrás: Dr. Vass Erika

Vecsési Tájház © 2023. Minden jog fenntartva.

A weboldalt készítette: bfdesign.hu